Die Corona-Pandemie hat verschwörungsideologische Potenziale mobilisiert, die bereits zuvor in der Bevölkerung latent vorhanden waren und die vermutlich auch nach der Pandemie nicht verschwinden werden. Krisensituationen bringen nach Außen, was bisher am Stammtisch, im vertrauten Kreis der Freunde und Familien oder den finsteren Ecken des Internets geraunt wurde: der Glaube an eine unheimliche Macht, die im Verborgenen die Geschicke der Welt lenkt. Warum diese Ideologie strukturell bis offen antisemitisch ist und warum sie so schwer zu bekämpfen ist, soll indem Vortrag diskutiert werden.
Tom Uhlig ist Bildungsreferent der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt und schreibt u.a. für jungle world, konkret und andere Zeitschriften. Er ist Mitherausgeber von "Freie Assoziation. Zeitschrift für psychoanalytische Sozialpsychologie" sowie des 2018 erschienenen Sammelbandes „Extrem unbrauchbar. Über Gleichsetzungen von links und rechts“.
Die Veranstaltungen finden im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Nach Corona ist vor Corona?!" - Zur Aktualität von Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rassismus im Zuge der COVID-19-Pandemie" der Naturfreundejugend Bremen statt und werden finanziell ermöglicht durch das Landesdemokratiezentrum Bremen.
Bei diesem Stadtrundgang geht es um den 9.11.1938 in Bremen, um seine Vor- und Nachgeschichte. Gezeigt wird die Geschichte von Jüdinnen und Juden in Bremen und die Spuren, die sie in dieser Stadt hinterlassen haben. Wir werden Orte ihrer Verfolgung und Vernichtung im Nationalsozialismus aufsuchen, die mit dem 9.11. nur ihren vorläufigen Höhepunkt nahm. Ein Thema werden auch die Täter sein, ihre Planungen, ihr Vorgehen und ihre weitgehende Straffreiheit nach Ende des Nationalsozialismus.
Joachim Bellgart führt in Bremen thematische Stadterkundungen durch.
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe. in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
Da der Stadtrundgang im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, haben wir einen digitalen Audiowalk entwickelt, der weiterhin online unter https://talpe.org/stadtrundgang/9nov/ verfügbar ist.
Seit einigen Jahren ist in Polen eine Verschiebung der Debatten zu beobachten. Besonders seit Beginn der Regierungszeit der PiS-Partei (Prawo i Sprawiedliwość, deutsch: Recht und Gerechtigkeit) finden sich verstärkt Nationalismus, antidemokratische und antisemitische Strömungen in der Öffentlichkeit wieder. In diesem Klima gedeiht der Nationalismus, immer wieder kommt es zu antidemokratischen, antisemitischen Äußerungen und Vorfällen. Mit der Aufgabenerweiterung des Instituts für nationales Gedenken, des IPN, wir nun auch versucht, die Erinnerung an die Geschichte in den politischen Rahmen der Partei zu pressen: ein verstärkter Fokus auf das polnische Leiden unter der deutschen Besatzung und dem der vermeintlichen sowjetischen Fremdherrschaft sowie eine Stärkung der allpolnischen Bemühungen. Gleichzeitig werden die Erinnerungen an die Shoah nationalisiert und als etwas «von aussen» dargestellt. Mit dem 2018 in Kraft getretenen Holocaust-Gesetz wurde der Versuch unternommen, unabhängige Forschung zu reglementieren und die eigene Sichtweise zu zementieren. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Der interaktive Vortrag/Workshop möchte einen historischen Einblick in die kontinuierlichen Verflechtungen von Antisemitismus und antidemokratischen Strömungen in Polen geben. Dazu wird es zunächst einen Input zu Polen im 20. Jahrhundert mit einem Fokus auf polnisch-jüdische Beziehungen geben. Anschliessend soll anhand verschiedener Beispiele aus den verschiedenen Systemen Polens im 20. Jahrhundert gemeinsam herausgearbeitet werden, wie tief verwurzelt Antisemitismus in Gesellschaften sein kann und wie dieser überdauern konnte.
Eine Veranstaltung von solarium - kommunistische Gruppe Bremen
Seit Lenins Ausspruch: "Der Imperialismus ist das höchste Stadium des Kapitalismus" gehört es zum guten Ton, innerhalb der Linken sich gegen Imperialismus zu positionieren - weit über die sich selbst als antiimperialistisch definierenden Kreise hinaus. Seien es postkoloniale Theorien, die auf den leninschen Begriffen aufbauen oder auch manch antideutsche Kritik am deutschen oder iranischen Expansionsbestreben, die Ideenwelt des Antiimperialismus gehört nach wie vor zum Rüstzeug linker Gesellschaftskritik. Fast immer damit einhergehend ist eine der diversen Spielarten des Antizionismus, in der die künstliche und authentische Fremdherrschaft denunziert wird um zugleich die eigene - angeblich natürlich gewachsene - Herrschaft aufzuwerten. Obwohl Antisemitismusforscher wie Poliakov seit Jahren auf diese rechte Flanke des Antiimperialismus aufmerksam machen, scheinen die Begriffe daran nur oberflächlich einen Schaden zu nehmen. Doch warum eigentlich?
Dieser Workshop möchte zunächst einen Überblick über die Geschichte des Antiimperialismus präsentieren, um dann gemeinsam einen Begriff des Antiimperialismus zu entwickeln. An Hand diesem Begriff soll diskutiert werden, ob es einen Antiimperialismus ohne Antizionismus geben kann und was dessen Bedingungen wären.
Eine Veranstaltung von solarium - kommunistische Gruppe Bremen
Die Vorstellung, dass Deutsche eine besondere Beziehung zu Arbeit haben, hat eine lange und antisemitische Geschichte. Die Nationalsozialisten radikalisierten sie und begründeten mit ihr ihre mörderische Politik. Im Vortrag wird die Geschichte "deutscher Arbeit" rekonstruiert und diskutiert, inwiefern von einem Nachleben gesprochen werden kann.
Nikolas Lelle ist Mitarbeiter der Amadeu-Antonio-Stiftung und hat zum Thema«Arbeit, Dienst und Menschenführung» promoviert.
Eine Veranstaltung der Natufreundejugend Bremen
Ein frühes Standardwerk über die Judenvernichtung, das in viele Sprachen übersetzt wurde, aber erst 70 Jahre danach auch auf Deutsch erscheint. Aus dieser ersten auf Dokumenten basierten Studie geht hervor, dass es sich bei der Judenvernichtung um einen beispiellosen Vorgang handelt oder, wie es Hannah Arendt ausdrückte, um »die schrecklichste Erfahrung unserer Generation«.
»Dieses Buch ist ein historisches Meisterwerk. Es erscheint mit siebzig Jahren Verspätung in Deutschland. Die Gründe für die Verspätung sind heute nicht leicht verständlich zu machen. Handelt es sich bei der 1951 veröffentlichten Ausgabe des Bréviaire de la haine doch um die erste systematische Gesamtdarstellung des Mordes an den europäischen Juden auf der Grundlage von deutschen Dokumenten. Vielleicht muß man daran erinnern, daß die frühe jüdische Historiographie des Holocaust im Nachkriegsdeutschland kaum Beachtung gefunden hat. Das gilt für die Forschungen und Publikationen der Zentralen Jüdischen Historischen Kommission in Polen ebenso wie für die Pioniere, die in Westeuropa etwa im Umkreis des Pariser Jüdischen Dokumentationszentrums arbeiteten. Zu letzteren zählte Léon Poliakov. […] Er war es, dem wir die Sicherung der von den Deutschen 1944 in Paris zurückgelassenen Gestapo-Akten verdanken, die die französische Anklagevertretung bei den Nürnberger Prozessen vorlegte, die im Eichmann-Prozeß in Jerusalem 1961 zitiert wurden und auf die sich die gesamte spätere Forschung zur »Endlösung der Judenfrage« in Frankreich stützte.
Poliakov war von 1946 bis 1948 als Sachverständiger der französischen Delegation beim Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg tätig. Er hatte Gelegenheit, den Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher und die sogenannten Nürnberger Nachfolgeprozesse einzusehen. […] Gestützt auf die Nürnberger Prozeßunterlagen, wurde Poliakov zum ersten Historiker, der nur wenige Jahre nach den Ereignissen ein umfassendes, dokumentarisch abgesichertes Bild des Holocaust zeichnete. Was seine Darstellung heute, nach Jahrzehnten der konkurrierenden Interpretationen und Deutungen des Geschehens, lesenswert macht, ist der unverstellte Blick des Autors, die unmittelbare Konfrontation mit dem Quellenmaterial. Bewußt legte er die Dokumente und Aussagen der deutschen Täter zugrunde, um zu rekonstruieren, was geschehen war und wie es geschehen war. Letztlich ging es ihm dabei nach eigenem Bekunden um die Frage, warum die Nazis die Juden vernichten wollten. Ein oft zitierter Satz Poliakovs lautet, er habe wissen wollen, »warum man mich gemeinsam mit Millionen anderer Menschen tö- ten wollte«. Aber sein Buch, wenngleich es sich auch mit der Psychologie der Mörder beschäftigt, beantwortet diese unvermeidliche und zugleich unbeantwortbare Frage nicht. Das einzige erkennbare Motiv ist, folgt man Poliakov, der Haß auf die Juden.« (Aus dem Nachwort des Übersetzers Ahlrich Meyer)
Alexander Carstiuc, Historiker, Herausgeber und Mitübersetzer der Memoiren Léon Poliakovs. Übersetzte zuletzt Annette Wieviorkas Werk "1945. Als die Amerikaner die Lager entdeckten" (Tiamat Herbst 2021)
Eine Veranstaltung des Kulturzentrum Kukoon in Kooperation mit Partnerschaft für Demokratie Bremen.