Das Leo Baeck Bildungszentrum in Bremens Partnerstadt Haifa ist eine international angesehene liberale und inklusive Schule und Kindergarten. Zweimal haben in Bremen Abiturient*innen der Schule schon darüber berichtet, vor allem über ihr frühes ehrenamtliches Engagement, das die Schule systemisch fördert. Unser Gast Yonathan Bar On wird das in seinem Vortrag u.a. mit den "Shared Existence"-Projekten erläutern, mit denen er seinen Schüler*innen helfen will, sich zwei Grundwerte von Leo Baeck anzueignen: Koexistenz und Tikkun Olam (die Welt reparieren, besser machen). Diese Projekte beschäftigen sich mit Menschenrechten, Flüchtlingsfragen, Unterricht über den Holocaust, mit deutsch-israelischen, arabisch-jüdischen und palästinensisch-israelischen Beziehungen.
Yonathan Bar On (Bert de Bruin) ist Historiker, Journalist und Lehrer. Aufgewachsen in einer protestantischen Familie in den Niederlanden, lebt er seit 1992 in Israel und konvertierte zum Judentum. Seit 2010 ist er Englischlehrer an der Leo Baeck Schule in Haifa.
Eine Veranstaltung des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen
Die Geschichte der jüdischen Turn- und Sportvereine in Deutschland reicht bis ans Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Geschichtlich aus einem Gedanken von Selbstorganisation und Widerständigkeit geboren, formten sich selbstbestimmte, jüdische Sportbewegungen. Nach der Shoah jedoch war jüdisches Leben in Deutschland kaum noch existent. Die Gründung des Sportverbands Makkabi in den 1960er Jahren muss somit auch als Ausdruck eines aktiven, jüdischen Lebens in der Bundesrepublik betrachtet werden. Der Verband ist seitdem ständig gewachsen: Heute sind es über 5.000 Mitglieder - bei weitem nicht nur Juden:Jüdinnen - die bei den verschiedenen Makkabi-Vereinen Sport treiben.
Mit unserem Gast Luis Engelhardt (Projektleitung Zusammen1) wollen wir über die Entstehungsgeschichte von Makkabi Deutschland und die (Un-)Sichtbarkeit von jüdischen Sportvereinen ins Gespräch kommen. Welche Chancen bietet der Sport, um eine Gesellschaft zu fördern, in der alle Akzeptanz und Anerkennung erfahren? Mit welchen Herausforderungen sind die Vereine konfrontiert? Darüber hinaus werden wir mehr über das Projekt Zusammen1 erfahren und beleuchten, wie pädagogische Ansätze auch auf dem Fußballplatz Anwendung finden.
In Rahmen dieser Veranstaltung wird es ein vertiefendes Workshopangebot geben: Das Projekt Zusammen1 bietet am 25.10. die Teilnahme an einem pädagogischen Training an. Bei Interesse oder Fragen hierzu meldet euch gerne unter: akriba@lidicehaus.de
Eine Veranstaltung von Fan-Projekt Bremen e.V., akriba / LidiceHaus, Lernzentrum OstKurvenSaal im Rahmen der 90 Minuten Tacheles Veranstaltungsreihe
Léon Poliakov, 1910 in St. Petersburg geboren und 1997 in Orsay gestorben, floh mit seiner Familie nach der Oktoberrevolution 1917 über Berlin nach Paris. Während der deutschen Besatzung Frankreichs überlebte er die Shoah im Untergrund und war in der Résistance an Judenrettungen beteiligt. Als autodidaktischer Historiker publizierte er 1951 mit »Vom Hass zum Genozid« die erste analytische Studie über die Shoah, die erst 2021 auf Deutsch veröffentlicht wurde, während sie in Frankreich, ebenso wie seine achtbändige »Geschichte des Antisemitismus« zum Standardwerk avancierte.
Im Sommer 2022 jährt sich der Libanonkrieg zum 40. Mal: 1982 rief Israels Libanon-Offensive heftige Reaktionen in der westlichen Öffentlichkeit hervor, die damals noch nicht zum Standardrepertoire der Berichterstattung gehörten. In den Massenmedien wurde der jüdische Staat des Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung bezichtigt und die Israel angekreideten Verbrechen mit denen der Nazis gleichgesetzt. Während in der arabischen Welt und den meisten sozialistischen Staaten diese Gleichsetzung bereits seit Israels Staatsgründung im Jahr 1948 an der Tagesordnung war, bedurfte es in der westlichen Welt, wie Léon Poliakov anhand eindrücklicher Beispiele und Quellen nachweist, einer längeren Entwicklung, um diese Form antisemitischer Desinformation für sich zu entdecken und zu popularisieren. Poliakov war diese Neuerung Anlass für seinen 1983 auf Französisch publizierten Essay De Moscou à Beyrouth. Essai sur la désinformation, der nun zum ersten Mal in deutscher Sprache erscheint. Hier analysiert er die antisemitische Propaganda und die damit einhergehenden judenfeindlichen Exzesse, die sich im Zuge der israelischen Intervention im Libanonkrieg bahnbrachen. Um zu beantworten, wie es so weit kommen konnte, zeichnet er die Entwicklung des Antisemitismus im 20. Jahrhundert nach, insbesondere die Transformation, die dieser in der Sowjetunion erfuhr, und schildert die zentrale Rolle, die die stalinistische Propaganda hierbei spielte. Er beschreibt die Radikalisierung des arabischen Antisemitismus durch die Protokolle der Weisen von Zion, die als Schlüsseldokument des modernen Antisemitismus betrachtet werden können. Diese Propagandaschrift leistete der Projektion einer jüdischen Weltverschwörung Vorschub und ermöglichte es so, die Juden zu den neuen Nazis zu erklären. Ein Wahn, der als wesentliche Ursache der vermeintlichen Unlösbarkeit des Konflikts zwischen der arabischen Welt und Israel betrachtet werden kann. Eine Tatsache, von der diejenigen, die Israel unter Verweis auf das ›Völkerrecht‹ zur Mäßigung auffordern, bis heute geflissentlich absehen. Von Moskau nach Beirut stellt eine politische Intervention für Israel und gegen die modernen Formen des Antisemitismus dar. Der Essay kann gleichwohl als Fortsetzung von Poliakovs Schrift Vom Antizionismus zum Antisemitismus (1967, Calmann-Lévy; 1992, ça ira) begriffen werden. Hatte er dort bereits unmittelbar nach dem Sechstagekrieg den Antisemitismus im Gewand des Antizionismus erkannt, so weist Poliakov in dieser Schrift nach, dass im Sommer 1982 die antiisraelische Propaganda zu einer Aufhebung aller Schranken und Tabus führte, die den Antisemitismus seit der Shoah noch irgendwie eingehegt hatten.
Alexander Carstiuc ist Historiker, Herausgeber und Mitübersetzer der Memoiren Léon Poliakovs. Er übersetzte zuletzt Annette Wieviorkas Werk "1945. Als die Amerikaner die Lager entdeckten" (Edition Tiamat Herbst 2021).
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit Kulturzentrum Kukoon und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
Der Rundgang wird an der Chanukkia, neben der "Große Kirche" (offiziell Vereinigte Protestantische Gemeinde zur Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche in der Bürgermeister-Smidt-Str. 45, 27568 Bremerhaven) beginnen. Wer selbst anreist oder aus Bremerhaven kommt, kann sich bereits um 12:45 dort einfinden. Anschließend an den Rundgang wird es in den Räumen der Ev.-luth. Marienkirchengemeinde Bremerhaven-Geestemünde noch die Möglichkeit für einen gemeinsamen Austausch und Vertiefung einzelner Themen geben. Da wir eine kleinere Strecke zurücklegen werden, möchten wir darauf hinweisen, dass die Veranstaltung nicht ganz barrierefrei sein wird.
Eine Veranstaltung des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen.
Bei diesem Stadtrundgang geht es um den 9.11.1938 in Bremen, sowie um seine Vor- und Nachgeschichte. Gezeigt wird die Geschichte von Jüdinnen und Juden in Bremen und die Spuren, die sie in dieser Stadt hinterlassen hat. Wir werden Orte ihrer Verfolgung und Vernichtung im Nationalsozialismus aufsuchen, die mit dem 9.11. nur ihren vorläufigen Höhepunkt nahm. Ein Thema werden auch die Täter sein, ihre Planungen, ihr Vorgehen und ihre weitgehende Straffreiheit nach Ende des Nationalsozialismus.
Achim Bellgart führt in Bremen thematische Stadterkundungen durch.
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
The talk looks at the relationship between antizionism and older anti-Jewish ideologies. It finds a route through debates about the alleged historical essentialism of David Nirenberg’s anti-Judaism and Hannah Arendt’s focus on the geographical, temporal and social specificities of each anti-Jewish movement. It considers agency and responsibility for a form of antisemitism that is angrily denied by those who appear to embrace and carry it. It thinks about a functionalist aspect of antisemitism for those who re-construct it out of older but still virulent fragments of ideology. It draws on examples from contemporary political and academic discourse.
David Hirsh is a Senior Lecturer in Sociology at Goldsmiths, University of London. He is the CEO of the London Centre for the Study of Contemporary Antisemitism and the author of Contemporary Left Antisemitism
Moderation: Henning Gutfleisch and Robin Forstenhäusler
An event by associazione delle talpe in cooperation with the Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen, Amadeu Antonio Stiftung, Gesellschaft für kritische Bildung, Network of Young Academics Against Antisemitism (NY3A) and Kulturzentrum Kukoon.
Nachdem Israel am 14. Mai 1948 seine Unabhängigkeit ausgerufen hatte, griffen arabische Armeen noch in derselben Nacht den jungen Staat an. Bis heute dauern die Konflikte an. Für ein besseres Verständnis der Lage hilft ein Blick in die Geschichte vor 1948. Der Vortrag gibt daher Einblicke in Elemente, die für die Entwicklung der Region eine Rolle spielten: angefangen von den unterschiedlichen Ideen damaliger zionistischer Strömungen, den Herausforderungen vor Ort, bis hin zu frühen Konflikten mit der christlich-muslimischen Bevölkerung, die sich in Boykottaktionen und Massakern zuspitzten.
Franziska Krah ist Historikerin und Herausgeberin von Binjamin Segel: Die Protokolle der Weisen von Zion kritisch beleuchtet. Eine Erledigung, Freiburg 2017. Weitere Veröffentlichung: „Ein Ungeheuer, das wenigstens theoretisch besiegt sein muß“ – Pioniere der Antisemitismusforschung in Deutschland, Frankfurt am Main 2017.
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit dem Kulturzentrum Kukoon, der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
In phantastischen Universen wie dem von Harry Potter, bei Herr der Ringe oder den Geschichten um Cuthulu lassen sich antisemitische Elemente finden. Diese reichen von der Nutzung optischer Stereotype hin zu dem Bild, einer abstrakten Macht unterworfen zu sein, wie es im antisemitischen Denken gängig ist. Durch das Erkennen verschiedener Strukturen von antisemitischen Symbolen in den Universen soll die Komplexität des Antisemitismus erschlossen werden
Eine Veranstaltung der Gruppe Solarium KGB
Moishe Postones Aufsatz Antisemitismus und Nationalsozialismus umfasst zwar lediglich 30 Seiten, lieferte aber wichtigere Impulse für linke Debatten als unzählige Bücher und Studien. Postones Text bietet eine neue Interpretation von Antisemitismus, Antikapitalismus und Nationalsozialismus. Er kritisiert eine verbreitete linke Interpretation der nationalsozialistischen Herrschaft als simplen Ausdruck von Klassenherrschaft und Antikommunismus und betont die zentrale Rolle des Antisemitismus und der Vernichtung des europäischen Judentums für ein Verständnis des Nationalsozialismus. Antisemitismus interpretiert er im Kontrast zu verbreiteten linken Auffassungen nicht als Variante des Rassismus sondern als Ausdruck eines reaktionären Antikapitalismus. Postones Thesen liefern wichtige Anregungen für eine kritische Analyse von Nationalsozialismus und Antisemitismus, aber auch von antiemanzipatorischen Formen des Antikapitalismus und eines Antisemitismus von links – sowohl historisch wie aktuell.
Im Seminar wird der Aufsatz gemeinsam gelesen und diskutiert. Zur besseren Einordnung des Textes wird es ergänzende Exkurse zu folgenden Themen geben: Linke Faschismustheorien und Analysen des Nationalsozialismus; Antisemitismus und Antizionismus; Geschichte der Neuen Linken; Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx.
Moritz Zeiler hat Geschichte und Politikwissenschaften studiert und ist Mitglied der Gruppe associazione delle talpe. Veröffentlichungen: Das Klima des Kapitals. Gesellschaftliche Naturverhältnisse und Ökonomiekritik, Berlin 2022 (Herausgabe mit Valeria Bruschi), Materialistische Staatskritik. Eine Einführung, Stuttgart 2017 sowie zusammen mit associazione delle talpe Herausgabe der Textsammlungen Staatsfragen. Einführungen in die materialistische Staatskritik, Berlin 2009 sowie Maulwurfsarbeit I-V, Berlin/Bremen 2010-2020.
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit Kulturzentrum Kukoon und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
Das Internet ist ein zentraler Tatort der in Deutschland berichteten antisemitischen Vorfälle des letzten Jahres. Das geht aus dem Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus hervor. Knapp die Hälfte der Online-Vorfälle ereigneten sich hierbei in sozialen Netzwerken wie Twitter, Instagram und Facebook. Wie sieht Antisemitismus im sozialen Netzwerk Twitter aus, und wie verbreitet ist er? Um diese Fragen zu beantworten zeigt Katharina Soemer, wie Antisemitismus mithilfe der IHRA Definition (International Holocaust Remembrance Alliance) von Antisemitismus klassifiziert werden kann, und wie mithilfe dieser Definition Tweets zu jüdischem Leben eingeordnet werden können. Kritisch werden Ansätze auf dem Gebiet betrachtet, die ohne einen Begriff von Antisemitismus versuchen, mit maschinellem Lernen antisemitische Inhalte zu bestimmen. Stattdessen sollen im Vortrag die Grenzen der empirischen Forschung, aber auch die Analysemöglichkeiten aufgezeigt werden.
Katharina Soemer studiert Soziologie und Sozialforschung sowie Informatik. Sie hat zuletzt am Institute for the Study of Contemporary Antisemitism der Indiana University zu Antisemitismus in sozialen Medien geforscht.
Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit Kulturzentrum Kukoon und Partnerschaft für Demokratie Bremen.
Die Deutschen und ihre Arbeit. Eine lange Geschichte eines überhöhenden Selbstbildes. Eine lange Geschichte des Antisemitismus, die der Nationalsozialismus noch einmal radikalisierte. Deutsch soll eine Arbeit sein, die der Volksgemeinschaft dient. Unter Verweis auf »deutsche Arbeit« begründete der Nationalsozialismus nicht nur sein antisemitisches Selbstbild, sondern auch Praktiken der Verfolgung und Vernichtung. »Arbeit, Dienst und Führung« rekonstruiert diese Geschichte und analysiert dieses Selbstbild. Dabei wird der Blick auch ins »Innere« der deutschen Volksgemeinschaft geworfen. Denn hier hat der Nationalsozialismus Formen von Menschenführung entwickelt, die in Managementkonzepten der deutschen Nachkriegsgeschichte fortlebten.
Nikolas Lelle arbeitet seit 2020 bei der Amadeu Antonio Stiftung als Projektleiter der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus. Zuvor promovierte er – nach einem Studium der Philosophie und Soziologie in Frankfurt am Main und Mainz – an der Humboldt Universität zu Berlin in der Sozialphilosophie. 2018 gab er zusammen mit Felix Axster den Band »›Deutsche Arbeit‹. Kritische Perspektiven auf ein ideologisches Selbstbild« (Wallstein Verlag) heraus.
Eine Veranstaltung des Kulturzentrum Kukoon im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus 2022 und der Reihe zum 27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.